Willi Lindemann

Kultursommer und verschiedene Kommunen

Gesicht des Kultursommers
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Idar-Oberstein
Nahe

Ideengeschichtlich liegen die geistigen Wurzeln des Kultursommers im 19. Jahrhundert. Adorno zufolge ist die Erfindung der Kulturlandschaft Verdienst der deutschen Romantik. Sie hat am Vorabend der Industriellen Revolution mit der Historisierung der Landschaft durch Kulturdenkmäler den Transformationsprozess der Natur in eine Mischung aus utopischem Naturreservat und Erholungsraum für Stadtbewohner begleitet. In der ersten Kultursommerdekade machte Wilhelm Lindemann das zum konzeptionellen Leitmotiv von insgesamt zwölf spektakulären Theaterproduktionen in der Landschaft. Thematisch orientierten sich die Produktionen an den Kultursommer-Motti, besetzten, gebunden an die Aufführungsorte, jedoch konkrete Themen von gesellschaftlicher Relevanz. Neben der Beziehung Mensch-Natur (1993, 1997, 2000) waren es politische Themen wie Rüstung und Konversion (1994, 1995), die Shoah (1995 und 1996), Migration (1995) und Nationalismus (2002), die zum Teil mit literarischen Erzählungen wie der Rheinromantik verknüpft werden konnten: Im Mythos des Deutschen Rhein vereinigt sich der romantische Aufbruch mit der nationalistischen politischen Stilisierung und dem Ausbau zur Verkehrsader durch Regulierung auf unheilvolle Weise. (Text: Willi Lindemann)

Kultursommer und verschiedene Kommunen Willi Lindemann, Dante, La Città Dolente … Die Hölle - Foto & Copyright: Hartmut Becker
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Kultursommer und verschiedene Kommunen Willi Lindemann, Dante, La Città Dolente …

Dante, La Città Dolente …

... Brecht, Mutter Courage - auf dem „Flugzeugträger der Nato“. Rüstung und Konversion in RLP

Noch vor einer Generation fielen fast überall im Land nachmittags die Kleinkinder aus ihren Betten, weil Kampf-Jets im Tiefflug über die Dörfer flogen. Rheinland-Pfalz war im Ernstfall Militärbasis nicht nur für Flugzeuge, sondern auch für Atomwaffen. Zwei Theater-Produktionen 1994 und 1995 auf dem (heute konvertierten) US-Flugplatz Hahn und der immer noch als militärisches Geheimnis behandelten Cruise missiles-Station Pydna bearbeiteten das Trauma des atomaren Untergangs und bebilderten diesen mit den bedrückenden Szenen des Infernos im erstmals für die Öffentlichkeit zugänglich gemachten Areal. Von Dante und Brecht - letzterer in einer Inszenierung der University of Delaware PTTP Drama Group - geschriebene Menschheitsängste, bedrückend und ästhetisch atemberaubend inszeniert, gaben diesen Ängsten, so das Publikum, nicht nur einen Resonanzboden, sondern entrissen auch – im Falle der Pydna – ein Stück Heimat der atomaren Vernichtungsdrohung und gaben sie den Menschen zurück. Die Bilder dazu, bis heute unvergessen, lieferte Nullo Facchini und sein Teatret Cantabile 2 aus Dänemark. (Text: Willi Lindemann)

Kultursommer 1994/95
VG Kastellaun
Farben Meffert Bad Kreuznach

Projekt